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☆Vierte Bericht von Christoph Bruettring Zweiter Praktikant der Gruenwald Stiftung☆

Netterweise nahmen mich Herr Okamoto und sein Frau für drei Tage nach Toyama mit, wo Frau Okamotos Eltern leben.

Der Ort, an der Nordküste Japans gelegen, ist von 3000m hohen Bergen umringt. Dort ist das Klima völlig anders als in Osaka; im Winter liegt meterhoher Schnee und es kann sehr kalt werden.

Die erste Nacht in Toyama übernachtete ich in einem typisch japanischen Hotel mit eigenem Onsen. Ein Onsen ist ein oftmals öffentlich zugängliches Bad, das aus einer natürlichen heißen Quelle gespeist wird. Zum Abendessen, das man in Japan traditionell kniend zu sich nimmt, gab es verschiedene regionale Spezialitäten wie Sashimi, Tofu und als Beilage natürlich wie immer Reis. Besonders gut gefällt mir, dass es in Japan im Gegensatz zu Deutschland immer eine Vielzahl verschiedener Gerichte bei einer Mahlzeit gibt.

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Mein Zimmer war sehr klassisch eingerichtet. Es gab Shōji (Schiebewände) und eine Tokonoma (Wandnische). Geschlafen habe ich auf einem Tatami bzw. auf einem Futon, der erst kurz vor der Nacht in meinem Zimmer ausgebreitet wurde. Dieses Ritual ermöglicht es, dass die Räume sehr variabel genutzt werden können. Die japanische Architektur gefällt mir inzwischen so gut, dass ich mir durchaus vorstellen kann, später in mein eigenes Haus auch ein Tatamizimmer mit Schiebetüren einzurichten.

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Auf dem Weg von Toyama zurück nach Osaka sind wir von dem wunderbar gelegenen Dorf Shirakawa, das zum Weltkulturerbe gehört, vorbei am Mount Haku über einen Bergpass gefahren. Die Landschaft war faszinierend, so unberührt und nahezu märchenhaft schön. Zu bedenken gilt es, dass entgegen der häufigen Fehleinschätzung die Natur bzw. Gebirge den Großteil der Fläche Japans einnimmt, da nur etwa 1/5 der Fläche besiedelt ist oder landwirtschaftlich oder industriell genutzt wird.

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Bei einem Empfang der Stadt Osaka zum Anlass des Besuchs des aktuellen Hamburger Bürgermeisters und ehemaligen Ministers der Bundesrepublik Deutschland Olaf Scholz konnte ich mit jenem über aktuelle tagespolitische Themen in Deutschland sprechen, was eine sehr gute Erfahrung für mich war.

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Für etwa eine Woche während meines Aufenthaltes war eine Journalistin Mel Gunasekera aus Sri Lanka mit dem Austauschprogramm des Rotary Clubs bei Herrn Okamoto zu Gast. Wir führten viele interessante Gespräche über die politische und wirtschaftliche Situation in Sri Lanka, Deutschland und Japan.

Herr Okamoto erzählte an einem dieser Abende auch von der derzeitigen Lage in Osaka. Die Stadt will zu den mächtigen Metropolen wie Shanghai, Peking, Singapur und Tokio aufschließen, was aber schwierig ist, solangeOsaka Stadt und Osaka Präfektur von unterschiedlichen Regierungsparteien regiert werden. Nachdem aber seit der Bürgermeisterwahl Ende November die Päfektur und Stadt von der gleichen Partei regiert werden, wird diese nun versuchen, die wirtschaftliche und politische Macht der Kansai Region rund um Osaka zu forcieren.

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Am 21.11. fuhr ich zusammen mit Sebastian, einem Deutschen der gerade im Generalkonsulat in Osaka ein Praktikum absolviert, nach Koyasan. Koyasan ist ein auf 900 Metern gelegenes Dorf umgeben von Bergen mit etwa 100 Tempeln, zu denen auch der Haupttempel der buddhistischen Shingon-Sekte gehört.

Wir übernachteten in einem „shukubo“ , einem Tempel mit Übernachtungsmöglichkeit für Pilger und Touristen.

Zu entdecken gibt es hier unter anderem das Okunoin, welches der größte und berühmteste Friedhof Japans ist mit mehr als 200.000 Grabstätten. Hier ist unter anderem auch der Gründer der buddhistischen Shingon-Sekte Kobo Daishi begraben.

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Im Anschluss besichtigten wir das große Eingangstor Koyasans, das „Daimon“. Von hier aus hatte man einen herrlichen Blick, der nur noch von der Aussicht eines oberhalb dieses Tores gelegenen Schreins übertroffen wurde. Von hier aus konnte man nämlich bis nach Shikoku sehen, während am Horizont die Sonne unterging.

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Um 17 Uhr gab es typisches Abendessen aus ausschließlich veganen Nahrungsmitteln, bestehend unter anderem aus Miso Suppe, Bohnen, Reis, Sesam- Tofu und Tempura.

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Nachdem das Baden leider ausfallen musste, weil das Wasser im Becken schlichtweg zu heiß war, waren zumindest unsere Zimmer (noch) warm, was sich änderte, als mitten in der Nacht die Gasheizung ausfiel und nun auch in unserem Zimmer die Temperaturen nahe an den Gefrierpunkt fielen. Da hat es sich dann wirklich gelohnt, dass ich meine dicke Dauenjacke aus Deutschland mitgenommen hatte, in der ich letztendlich schlief.

Am nächsten Morgen wurden wir um 6 Uhr in der Früh geweckt, um am Morgengebet der Mönche teilzunehmen. Das Ganze war sehr beeindruckend, da es draußen noch stockfinster war und im Tempel selbst nur einige Kerzen brannten. Die vier Mönche beteten bzw. sangen etwa eine halbe Stunde lang buddhistische Sutren (eine Art Sprechgesang).

Bevor wir wieder nach Osaka aufbrachen, besichtigten wir noch den Danjo Garan Komplex, auf dem sich sehr wichtige Tempelanlagen befinden und der bereits im 9.Jahrhundert gebaut wurde. Auffällig war, dass sich auf der sonst buddhistischen Tempelanlage ein shintoistischer Schrein befindet. Dieser war shintoistischen Götter geweiht, um über Koyasan zu wachen und er wurde auch als erstes vor allen anderen Gebäuden des Geländes fertiggestellt.

Hier zeigt sich auch gut, wie sich in Japan die Religionen nicht gegenüberstehen, sondern vielmehr ergänzen. So leben in in Japan fast 107 Mio. Menschen, die sich zum Shintoismus bekennen, 90 Mio. Buddhisten, 10 Mio. Anhänger jüngerer, häufig buddhistisch inspirierter Sekten und gute 3 Mio. Christen. Zu bedenken gilt es, dass Japan nur etwa 127 Mio. Einwohner hat und damit viele Menschen sich zu mehreren Religionen bekennen.

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Zuletzt besuchten wir noch den Kongobuji Tempel, der als Haupttempel der Shingon Sekte gilt und den größten aller Steingärten Japans besitzt.

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Außerdem stellten wir fest, dass Japan für die Welt nicht nur aufgrund seiner Wirtschaft und seines Technologievorsprungs für andere Länder und deren Einwohner interessant ist, sondern vor auch wegen der reizvollen Kultur und Geschichte. Vermutlich wirkt die japanische Kultur auch deswegen so interessant auf Ausländer, weil Japan über mehr als 200 Jahre hinweg von den Tokugawa Shogunen abgeriegelt wurde und deshalb die alte japanische Kultur bewahrt und weiterentwickelt werden konnte, ohne von westlichen Einflüssen verwässert zu werden.

Desweiteren sprachen wir darüber, wie wichtig es ist, die Augen schon in jungen Jahren für fremde Kulturen zu öffnen.

In wenigen Tagen geht mein Aufenthalt hier nun leider zu Ende, nachdem ich so viel von Land und Leuten gesehen habe und enorm viele Erfahrungen sammeln durfte, die mich meine ganzes Leben lang begleiten und beeinflussen werden.

Deswegen möchte ich in meinen letzten Tagen hier noch so viele Eindrücke wie möglich mitnehmen.

Ich bin mir aber bereits jetzt sicher, dass ich in nicht allzu ferner Zukunft mal wieder nach Japan reisen möchte, weil es mir hier so gut gefallen hat.