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Der zweiter Bericht des vierten Stipendiaten der Grünwald Stiftung!!

グリーンワルト株式会社

Der zweite Blick

 

„Du bist über die Kinderjahre; Du mußt also nicht nur zum Vergnügen, sondern zur Besserung Deines Verstandes und Deines Willens lesen.“                              – Goethe

So verständlich wie Goethe die Bedeutung des Lesens einst beschrieb, so sehr fühlt man sich in eben diese Kinderjahre zurück versetzt, wenn Straßenschilder und Speisekarten Chiffren gleichen.

Seit nun mehr einem Monat darf ich die bisher wohl spannendste Zeit meines Lebens in Japan verbringen. Den Kulturschock habe ich gut überstanden und aufgrund der herzlichen Betreuung durch Herr und Frau Okamoto habe ich mich in Osaka sehr gut einleben können.

Im Moment lerne ich die Schriftzeichenalphabete Hiragana sowie Katakana und erlebe, wie die Welt um mich herum jeden Tag ein wenig besser verständlich wird. Mit sehr großer Freude übe ich mich im Lesen und Schreiben. Fortschritte können dann im Alltag direkt beobachtet werden.

Die letzten Wochen waren nicht weniger spannend als die ersten.  Mein erster Ausflug nach Kyoto führte mich sogleich zum Goldenen Tempel, Kinkakuji 金閣寺. Gelegen in Mitten eines wunderschönen traditionell japanischen Parks, gehüllt in Gold, thront der Tempel über dem Wasser und zog nicht nur meine Blicke magisch an. Als Kulturexport ist er weit über Japans Grenzen bekannt und wird dementsprechend von vielen Touristen aufgesucht. Dennoch fand ich genug Ruhe um den majestätischen Anblick genießen zu können.

 

Noch am selben Tag besichtigte ich Kyoto Gosho 京都御所. Mitten in der Stadt, als Zentrum der großen Parklandschaft findet sich von riesigen Gemäuern umgeben der ehemalige Kaiserpalast.

Bereits vor Betreten des Geländes war ich von dessen hohen Mauern und seiner Weitläufigkeit beeindruckt. Im Innern erwarteten mich die kaiserlichen Bauten und ein Garten, der mich durch sein Zusammenspiel aus Wasser, Architektur und in den Himmel ragende Bäume begeisterte.

 

Einen Moment lang genoss ich die stoische Ruhe die der Garten auszustrahlen vermochte und machte mich schließlich wieder auf den Weg nach Hause. Schon jetzt war mir klar, dass mich Kyoto nicht zum letzten Mal gesehen hatte.

Bereits wenige Tage später kehrte ich in Begleitung von Frau Okamoto nach Kyoto zurück.

Sie zeigte mir einen anderen Teil Zentral-Kyotos und führte mich durch die engen Marktgassen Nishiki-Doris. Zwischen all der Hektik des Marktreibens war ich schlichtweg von der Anordnung der Ware und dem Zusammenspiel der Sinne begeistert. In der Luft lag der Geruch frischen Fisches, Blumengestecke luden zum Riechen ein und bezauberten durch ihre Farbvielfalt. Das hektische und laute Rufen der Händler riss meine Blicke von einer Ecke in die nächste.

Überwältigt von den Eindrücken auf diesen wenigen Metern der Marktgasse setzte ich die Reise durch Kyoto fort.

 

In den folgenden Tagen war ich des Weiteren zu einem Abendessen im Kreise der Deutschen Wein – Gesellschaft eingeladen. Durch den Abend führten feinste italienische Gerichte, edelste deutsche Weine sowie Gespräche mit sehr interessanten Menschen. Für die musikalische Untermalung sorgte ein professioneller Tenor, der ebenfalls zu Gast war.

 

Um die Stadt Suita näher kennenzulernen besuchte Herr Okamoto zusammen mit Frau Wada, Herr Manke und mir das Rathaus. Zusätzlich hatten wir einen Termin mit dem Bürgermeister und durften den Plenarsaal, besichtigen.

 

Ein besonders spannender Abend war zudem der Empfang des deutschen Generalkonsulats zur Feier des Tags der deutschen Einheit. Wieder durfte ich die Gesellschaft interessanter Persönlichkeiten, viele Gespräche und hervorragendes Essen genießen.

Zurück in Suita und vertieft in die Seiten meines Tourguides für Osaka, stellte ich fest, dass ich bisher eine Hauptattraktion ausgelassen hatte: das Kaiyukan Aquarium. Mit ca. 35.000 Tieren aus 580 verschiedenen Arten gilt das 1990 eröffnete Aquarium als eines der größten und bedeutendsten der Welt. Schon nach kurzer Zeit erblickte ich Haie, Rochen und jede Menge Lebewesen die ich noch nie zuvor gesehen hatte. Im Laufe der Tour wurde mir nachdrücklich die Schönheit des Lebens und die Artenvielfalt der Tierwelt auf unserer Erde und damit die Kostbarkeit dieser bewusst.

 

Obwohl manche Tiere noch aus Dokumentationen in Kindestagen Erinnerungen hervorriefen, war es doch ein besonderes Erlebnis diese nun hautnah beobachten zu können.

Erwähnenswert ist an dieser Stelle auch, dass ich inzwischen in der Lage bin die Züge zu benutzen. Anders als in München gibt es hier neben den Typen Bahn, Ubahn, und Schnellzug, für den Zugtyp der einer Sbahn gleicht (Local Train) zwei verschiedene Arten. Einen Local-Special-Rapid und den gewöhnlichen. Den Unterschied habe ich in einer kleinen Irrfahrt bemerken dürfen, bin nun aber zuversichtlich die Feinheiten des japanischen Nahverkehrssystems zu kennen.

Es schien so, als hätte ich mein Herz an Kyoto verloren. Obwohl ich nur einen Bruchteil der Schönheit dieser Stadt gesehen hatte trieb es mich wieder und wieder zu Ihr. Während meines jüngsten Besuches durfte ich mein Portfolio aus Tempeln um einen besonderen erweitern:

 

Der Otowasan Kiyomizudera (音羽山清水寺).

Seine mächtige Bauweise inmitten des weitläufigen Parkareals, umgeben von einem Wald hoher Bäume zog mich sofort in seinen Bann. Ich fühlte mich sogleich in die Literatur der Romane, die ich früher gerne über Japan gelesen hatte versetzt. Obwohl ich noch nie hier war, hatte ich das Gefühl einer Gewissen Vertrautheit. Scheinbar diente er vielen Autoren als Vorbild ihrer Schauplätze.

Dieser Ort steht mit seiner mystischen Anmut nun an der Spitze meiner Lieblingsplätze. Besonders freue ich mich auf die Zeit, in der Japan in sein wunderschönes herbstliches Kleid gewandelt wird und die Umgebung um den Tempel in rot-gelb schimmert. Zu diesen Tagen werde ich wiederkommen.

Am gleichen Abend sah ich zum ersten Mal das nächtliche Kyoto, insbesondere das Gion-Viertel, das für die Geisha Kultur bekannt ist. Leider konnte ich keine Geisha antreffen. Allerdings plane ich schon meine nächste Kyoto-Reise.

Aus meinem ersten Monat in Japan kann ich in diesen wenigen Zeilen unmöglich alle Erfahrungen beschreiben die ich machen durfte. Ich hoffe Ihnen aber einen kleinen Einblick in diese geben zu können.

 

Mein besonderer Dank gilt an dieser Stelle Herrn Okamoto, der sich Zeit nimmt, mir die japanische Sprache in Form von Privatunterricht und Sprachtraining näher zu bringen.

どうも有り難う御座います !

日本からの挨拶

Andreas Stefan Grömling

„Hebt man seinen Blick, so sieht man keine Grenzen“

–          Aus Japan

Suita – Shi, den 19.Oktober 2012