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☆☆☆ Vierter Bericht von Leon Riccius, achtzehnter Stipendiat der Grünwald Stiftung ☆☆☆

Neben dem Erlangen von grundlegenden Japanisch-Kenntnissen und dem Auseinandersetzen mit der japanischen Kultur und Geschichte sollen die Stipendiaten der Grünwaldstiftung auch den japanischen Alltag erleben. Einen großen Teil davon macht nach wie vor die Arbeit aus. Auch wenn sich die Situation in den letzten Jahren verbessert hat bleiben Japaner zumeist deutlich länger in der Arbeit als vertraglich geregelt. Da die Arbeit eine so zentrale Stellung im Alltag einnimmt, wollte ich unbedingt einen genaueren Blick drauf werfen. Die Grünwaldstiftung unterhält sehr gute Beziehungen zu Yanmar und so durfte ich dieser Firma einen dreitägigen Besuch abstatten. Yanmar ist ein japanisches Familienunternehmen, dass für seine kompakten Dieselmotoren bekannt ist. Mittlerweile hat das Unternehmen fast 20.000 Mitarbeiter und hat ihr Tätigkeitsfeld stark erweitert. So werden neben den Dieselmotoren nun auch Gasturbinen und sogar ganze Landwirtschaftsmaschinen hergestellt. Auch im Feld der Anbautechnik ist Yanmar mittlerweile vertreten.

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Zum Auftakt meines Besuches wurde mir die Unternehmensphilosophie nähergebracht. Unter dem Motto „For a sustainable Future“ will das Unternehmen seinen Teil dazu beitragen, die Probleme unserer Generation zu bewältigen. Durch effiziente Antriebe und innovative Anbautechniken will Yanmar dem Klimawandel und der Nahrungsknappheit in Folge der Bevölkerungszunahme des 20. und 21. Jahrhunderts entgegentreten.

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Anschließend gab es einen Rundgang im Hauptsitz des Unternehmens in Umeda. Dieses hochmoderne Bürogebäude wird auch Flying-Y Building genannt und ist mit modernster, hauseigener Gebäudetechnik ausgestattet. In den nächsten Jahren wird das Gebäude aller Voraussicht nach zum Zero-Emission-Buildings umgerüstet und kann an sonnigen, milden Tagen sogar überschüssige Energie ins Stromnetz einspeisen. Aber nicht nur die Gebäudetechnik, sondern auch die Arbeitsweise wirkte auf mich sehr modern. Der Hauptsitz beherbergt vor allem die Personalabteilung, und bietet keine klassischen Arbeitsplätze mehr. Jeden Tag wird den Mitarbeitern innerhalb ihrer Abteilung ein neuer Sitzplatz zugelost. So wird der Austausch unter den Mitarbeitern gefördert und Grüppchenbildung vermieden.

Die Mitarbeiterkantine liegt im obersten Stock des Gebäudes. In der Mitte des Raumes ist ein großer Baum von Bienenstöcken umrandet. Damit die Bienen nicht beim Essen stören ist eine Trennwand aus Glas eingezogen. Den Honig dieser Bienen kann man direkt in der Kantine erwerben. Auch ansonsten wurden viele organische erzeugte Produkte von Baueren, die mit Yanmar zusammenarbeiten, angeboten.

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Für den restlichen Aufenthalt waren vor allem Werksbesuche eingeplant. So fuhren wir mit dem Shinkansen nach Okayama um das Kurashiki-Biolab und das Okayama-Werk zu besuchen. Besonders beeindruckend fand ich aber das Ibuki-Werk in Maibara. Obwohl hier ca. 2000 Varianten von Dieselmotoren in nur einer Hand voll Fertigungsstraßen hergestellt werden, ist der automatisierungsgrad enorm hoch. Hier konnte ich hautnah miterleben, wie gut japanische Unternehmen Prozesse optimieren können. Nicht ohne Grund zählt dies zu einer der Paradedisziplinen der japanischen Wirtschaft.

Abschließend gab es ein gemeinsames Abendessen mit der Abteilung, die meinen Besuch organisiert hatte. Hier konnten wir das Erlebte gemeinsam noch einmal Revue passieren lassen und haben einen schönen Abend verbracht.

Insgesamt machte Yanmar auf mich einen sehr modernen und zukunftsorientierten Eindruck und ist schon deutlich weiter als andere Unternehmen, die noch stark am japanischen Arbeitsmodell festhalten. Von Freunden erfuhr ich, dass die Hierarchie in japanischen Unternehmen sehr steil ist und streng eingehalten wird. In Zeiten, als japanische Firmen westliche Produkte nachahmten aber deutlich billiger anboten, war ein solches Topdown-Management besser geeignet. Heutzutage gehört Japan jedoch zu den führenden Industrienationen und muss selbst Hightech-Produkte entwickeln. Eine starre Hierarchie bietet aber wenig Raum für die hierfür benötigte Kreativität und Inspiration. Und so sind einige wichtige Firmen wie Sony oder Toshiba in Probleme geraten. Manch andere wie Sharp sind sogar weitgehend von der Bildfläche verschwunden. Obwohl ich bemerkte, dass Yanmar sich nach wie vor in einer Übergangsphase befindet, bin ich der Meinung, dass das Unternehmen auf einen sehr guten Weg ist. Auch wenn es noch Unterschiede zwischen dem Hauptsitz und den älteren Einrichtungen gibt ist eine große Bereitschaft erkennbar, neue Wege zu beschreiten und entschlossen die Zukunft zu gestalten.

Ich bedanke mich herzlich bei Yanmar und der Grünwaldstiftung für diese bereichernde Erfahrung. Insbesondere möchte ich mich bei Kajikawa-san und Oizumi-san bedanken, die mich während des gesamten Aufenthalts begleitet haben und nebenher noch ihrer eigentlichen Arbeit nachgegangen sind.

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