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☆☆ Dritter Bericht von Benjamin Raithel, zwölfter Stipendiat der Grünwald Stiftung ☆☆

Im Vorfeld hatte ich viel über Japan gelesen, einige Dokumentationen angeschaut und mit Freunden gesprochen, die schon hier gewesen waren. All diese Informationen führten dazu, dass ich mir vorgenommen habe einmal in meinem Leben nach Japan zu reisen. Ich wollte selbst erleben, ob alles hier wirklich  so anders ist wie mir alle sagten. Aber von allen Informationen konnte mich nichts auf Leben das Leben hier wirklich vorbereiten. Zwei Monate lebe ich nun schon ich Japan und gebe heute ein weiteres Update über was mich in der letzten Zeit beeindruckt oder zum Nachdenken angeregt hat.

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Nur 15 Millionen Einwohner sollen die Städte Osaka, Kyoto und Kobe gemeinsam haben. Wenn man sich in den Straßen umsieht und darauf achtet, wie viel dort los ist, ist das eigentlich kaum zu glauben. Überall herrscht hier Platznot. In den Bahnen, in den Wohnungen, in Restaurants oder davor. Selbst auf den Straßen pulsiert das Leben. Das Bahnnetz ist zwar mittlerweile für mich verständlich aufgebaut, aber um hier von A nach B zu kommen kann das schon mal locker 45 Minuten dauern. Viel problematischer ist es eher nach dem Weg zu fragen, denn in Osaka kann man schlicht nicht voraussetzen, dass die Einwohner Englisch sprechen. Das Problem der Sprache kristallisierte sich in den letzten Wochen sowieso als mein größtes Problem heraus. Zwar beherrsche ich mittlerweile die Zeichen auf Hiragana/ Katakana, es kommt mir aber vor als würden diese im Alltag kaum genutzt. Alltägliche Prozeduren wie neue Restaurants ausprobieren oder im Supermarkt Gewürze unterscheiden stellten sich so als meine schwierigsten Aufgaben während meiner Zeit hier in Japan heraus.

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Nobukatsu bat mich ob es mir möglich wäre bei einem seiner schier endlosen sozialen Projekte mitzuhelfen. Froh, dass auch ich diesem Land etwas zurückgeben könnte, willigte ich sofort ein und traf mich mit ihm am Bahnhof. Er erklärte mir dort, dass er eine Gruppe gegründet hat, die jungen und nicht privilegierten Kindern kostenlose Nachhilfe anbietet. Da ich zweisprachig erzogen wurde und mein Englisch -gerade in Japan- einem Native Speaker wohl nicht weit hinterher hinkt, war es meine Aufgaben den Kindern der „Junior High School“ englisch beizubringen und sie vor allem dazu zu bringen zu sprechen. Viele der Kinder schienen froh darüber, die Möglichkeit zu bekommen sich mit einem Ausländer zu unterhalten und machten -neben den alterstypischen Faxen- nach kurzer Zeit echte Fortschritte in unseren gemeinsamen anderthalb Stunden. Nebenbei erfuhr ich wie der Alltag eines Schülers in Japan aussieht. Schule, Sport-/Musikerziehung gefolgt von Lernen in Gruppen. Dies erschien mir erst als sehr strikt, öffnete mir aber andererseits auch die Augen dafür, warum Japaner solch ein strenges Leben aushalten und leben können. Sie lernen es von jungen Jahren an kennen und akzeptieren.

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Nach dem Unterricht ging ich mit meinen neuen „Lehrerkollegen“ zum Abendessen und um ein gemütliches Bier zu trinken. Die „netten Jungs“ ließen mich unter Hilfestellung sogar alleine bestellen. Ich bin mir nach wie vor nicht sicher was ich sagen durfte, es muss aber so richtig gewesen sein, dass Koch und Bedienung lauthals mit mir lachten.

Ich bin nach wie vor sprachlos wie sehr sich Nobukatsu und seine Kollegen für die Bildung und Unterstützung anderer einsetzen. Ich möchte gerne alle beteiligten wissen lassen, dass mein tiefster Respekt ihnen gegenüber besteht und ich nur hoffe, dass sich auch andere ihnen anschließen um der Jugend zu helfen.

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Osaka hat aber auch noch eine andere Seite. Eine, die man als europäischer Großstädter vielleicht nicht einmal sofort bemerkt. Es ist unglaublich ruhig hier, selbst auf belebten Plätzen oder Märkten. In den Bahnen herrscht fast andächtige Stille. Alles ist sauber, nirgends liegt Müll auf den Straßen. Ich habe tatsächlich nicht ein einziges Graffiti an den Hauswänden in ganz Osaka gesehen. Die Japaner sind ein unglaublich höfliches Volk, sehr reserviert und zuvorkommend. Emotionen zu zeigen ziemt sich hier eben nicht. Mittlerweile ist mir deswegen klar warum Japan eines der Länder mit der höchsten Selbstmordrate ist. An den Bahnhöfen findet man deshalb, vor vielen Bahnsteigen, Absperrungen damit sich niemand vor die Gleise werfen kann. Der Gesellschaftliche und Berufliche Druck ist unglaublich hoch. Möglichkeiten um Dampf abzulassen gibt es aber praktisch nicht, es sei denn man feiert oder trinkt. Dann können sogar die Japaner laut sein. In den Clubs herrscht hier auf jeden Fall ausgelassene Stimmung.

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Eines der Dinge die  mich besonders nachhaltig beeindruckt hat, ist, dass sich Tag für Tag zahllose Menschen in den Tempelanlagen Japans einfinden um ihren Geist zu reinigen und um Glück für ihre Familien zu bitten. Das Japanische Volk ist zutiefst Traditionsbewusst. Und zwar nicht nur die älteren sondern ebenso die Jugend. Zwei Generationen die hier, Seite an Seite, nach spiritueller Erleuchtung suchen.

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Japan kann aber auch bunt, kann wild, kann wunderschön und irgendwie irre sein und ich beginne ein bisschen besser zu verstehen warum ich mich in Japan verliebt habe und unbedingt wiederkommen möchte. Aber wie ich schon sagte. Nichts kann sie auf Japan vorbereiten. Das muss man schon selbst erleben.