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☆☆☆Vierter Bericht von Vincent Quiring, vierundzwanzigster Stipendiat der GRÜNWALD STIFTUNG☆☆☆

An einem sonnigen, klaren Tag, machten Sumiya Sensei, sein Arbeitskollege Towa und ich, uns nach Wakayama auf. Sumiya Sensei, welcher eine deutsch/japanische Sprachschule betreut, lud mich am Tag der deutschen Einheit, auf einem Event des deutschen Generalkonsulats dazu ein, ihn auf dieser kleinen Reise zu begleiten.

Ohne dass ich jegliche große Erwartungen hegte, saßen wir zu dritt im Auto Sumiyas und fuhren schon früh morgens los.

Als wir nach geraumer Zeit am besagten Ort ankamen, in Miyama, wanderten wir noch ein Stück zu Fuß in der Natur auf eine Anhöhe hinauf. Oben angelangt, staunte ich schwer. Von oben hatte man eine unglaublich schöne Sicht auf das Meer, und die benachbarten Inseln. Erfüllt mit einem idyllischen, tropischen Gefühl und dem Geruch der Meeresbrise in der Nase, saßen wir zu dritt auf einer benachbarten Bank und nahmen zusammen den Moment wahr.

(Ausflug nach Miyama, Wanderung und Ausblick von oben)

 

Nach ein paar angenehmen Minuten setzten wir unsere Reise fort und fanden uns in einem örtlichen kleinen Fischerdorf wieder. Ein großer, heller Strand bahnte sich vor uns auf, eine Sicht, die man im städtischen Teil Japans so kaum vermutet hätte. Und doch, umso schöner war die Tatsache, so schnell in so viele verschiedene Welten eintauchen zu können. Sowohl eine üppige städtische Struktur, mit unglaublich vielen Genuss-möglichkeiten, als auch wunderschöne Berge, Klippen und Wälder- gar Strände erstrecken sich jenem, der sucht. Da Japan eine Insel ist, ist es manchmal schwer zu glauben, sich immer noch auf der gleichen Insel zu befinden, hat man sich erstmal an die Städte gewöhnt und begegnet im Anschluss der üppigen Natur. Für mich, aus Bayern stammend, ist die Vorstellung, sowohl das Meer und weiße, warme Strände in Reichweite zu haben, und doch gleichzeitig die Möglichkeit zu besitzen, im Winter in nahe gelegenen Bergen Ski zu fahren, unglaublich malerisch. So scheint es, dass Japaner sich an einer großen Auswahl an Freizeitaktivitäten und Erholungsorten erfreuen dürfen, falls ihnen das turbulente, hektische Stadtleben zu viel wird. Ein Glück!

(Einige entspannende Minuten am Strand)

 

Nach einer üppigen Mahlzeit in einem örtlichen kleinen Lokal, in welches ausländische Personen wahrscheinlich nie einen Fuß gesetzt haben, wenn doch dieser Fakt aufgrund der abgelegenen Lage nur eine Vermutung ist, ist die Vorstellung wahrlich schade, doch kann zugleich auch eine sehr schöne sein, da das Essen wirklich herausragend gut geschmeckt hat und es durch ausländische Präferenzen nie verändert werden sollte, fuhren wir wieder zurück nach Osaka.

(Restaurant an der Küste)

Dieser Tag bleibt mir wahrscheinlich noch sehr lange in Erinnerung, da ich mich wahrlich unbeschwert und frei gefühlt habe… Wohlmöglich aufgrund der frischen Meeresluft und der Abstinenz von grauen, erschlagenden, brutalistischen Gebäudekonstrukten und intensiven, zielstrebigen Menschenmassen (Welche doch auch ihren Charme haben können 🙂 )

Ein paar Tage später fand in Suita das lang erwartete „Polaris“ Event statt. Dieses Event war geprägt von klassischer Musik und verschiedenen Konzerten – Natürlich, musste ich dieses also besuchen. In verschiedenen Kombinationen, sei es Klavier und Violine; Klavier, Cello und Klarinette und auch andere, erfüllten die Künstler den Saal mit teils schweren, nachdenklichen Stücken, doch manchmal auch mit frohlockenden, fröhlichen Klängen. Am besten gefiel mir jedoch der erste Akt des ersten Tages, ein Duett aus Klavier und Violine.

„Grazil, fein und klagend wurde die Szenerie eines traurigen Blattes im Wind beschrieben, Mondschein, der das Netz der Spinne benetzt, einer weinenden Najade gleich, doch anmutend voll Kraft und Trotz. Ein Aufschrei von Ungerechtigkeit, der Wunsch nach Entfesselung, ein Ruf an die Obrigkeit, dort ganz allein im Turmverließ. Tauben sammeln sich am Fenster, ein kalter Sturm, der an die Scheibe prasselt.

Die Wächter erklimmen den Himmel, Regentropfen auf den Gefiedern“ schrieb ich damals während der Vorstellung, von der Musik eingenommen, in mein kleines Notizbuch.

(Polaris Event)

Doch auch die anderen Künstler ließen mich in Erstaunen. Vor allem der Cello Spieler, welche eine derartige Ausdruckskraft, während dem Stück entwickelte, so als wollte er uns allein seine eigene Geschichte erzählen.

„Er liebt was er tut, er liebt die Musik wahrlich. Gebannt und gefesselt. Von glänzenden, goldenen Weiden und güldenen, warmen Sonnen, welche auf ruhiger See untergehen, einem toten Freund hinterhertrauernd. Er erzählt uns die Wahrheit der Welt. Voller Farbe, voller Wärme, wenn doch die Regentropfen seine Kleidung kalt an seine nackte Haut zu drücken vermögen. Ein Funken der Wirklichkeit. Wahrlich ein Glanz. So vollkommen menschlich zu sein, ist doch wahrhaftig ein Meisterwerk. Eine Symphonie des Lebens, die uns alle konsequent umgibt. Was ist ein Instrument ohne Künstler, der es spielt. Was ist ein Klang ohne Engel, der ihn hört? Nichtig.

Eine Farbpalette ist alles, was wir brauchen. Eine Farbpalette. Denn irgendwann verlaufen die Farben und geben dem Narren einen Grund der Existenz. Auf der ewigen Suche nach Farben werden wir farbenblind […]“, fasste ich als Ergänzung zum obigen Text, von seiner Musik beeinflusst, ebenfalls in mein Buch.

Polaris hat mir sehr gut gefallen, vor allem da es eine vereinfachte Möglichkeit bot, vielen Leuten die Chance zu geben sich erneut für klassische Musik zu begeistern!

(Polaris – vor Beginn der Veranstaltung)

 

Zuletzt möchte ich von einem weiteren besonderen Ereignis berichten, welches mich in den vergangenen zwei Wochen verzauberte – das Jidai Matsuri Festival. Um dieses Festival vor Ort in Kyoto zu erleben, wurde ich von Professor Aochi erneut zu ihm nach Hause eingeladen. Auf einem schönen Balkon, mitten in der Innenstadt Kyotos, bestaunte sowohl ich, als auch viele seiner Studenten die aufwändig gearbeiteten Kostüme und Umzugsverkleidungen der Teilnehmenden. Das Jidai Matsuri Festival ist ein Rückblick in japanische vergangene Zeiten, hinweg über verschiedenste Epochen und Ären, welche sich jeweils durch unterschiedliche Musik und Kleidung auszeichnen, die die Ausstellenden während dem Umzug präsentieren. Es ist ein Blick in die Vergangenheit, der uns zeigt, wie sich Werte, Kunst und gesellschaftliche Normen über die Jahrhunderte entwickelt haben. In einer globalisierten Welt, in der kulturelle Identitäten oft verschwimmen, erinnert das Festival daran, wie wichtig es ist, unsere Wurzeln und Traditionen zu bewahren und diese zu respektieren. Besonders in einer Zeit, in der viele Kulturen vom Verschwinden bedroht sind, bietet das Jidai Matsuri ein inspirierendes Beispiel dafür, wie lebendig Traditionen sein können und wie sie helfen, das kulturelle Erbe für zukünftige Generationen zu bewahren.

Ich war sehr begeistert davon, wie sowohl Jung, als auch Alt, ein Interesse für dieses Festival hegte.  Den Stolz, den Japan in Hinsicht auf das eigene Land besitzt, ist wahrlich beispielhaft! Dies ließ mich stark reflektieren. Im Gegensatz zu japanischen jungen Erwachsenen, empfinden gleichaltrige Deutsche leider sehr wenig Stolz und Mitgefühl für ihr eigenes Land. Dies natürlich begründet vor allem durch vergangene, geschichtliche, politische und soziale Katastrophen, ist wenig Liebe zum eigenen Land vorzufinden. Es ist schön an einem Ort zu sein, an welchem Anwohnende mit Stolz ein Teil ihres Landes sind.

(Jidai Matsuri Festival)

Ich bedanke mich auch diesmal herzlich für die verschiedenen Eindrücke und Erfahrungen, die ich in den vergangen zwei Wochen erlangen durfte, und hoffe auf viele weitere!

Vielen Dank,

Vincent Quiring