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☆☆☆Vierter Bericht von Daniel Gottstein, 25. Stipendiat der GRÜNWALD STIFTUNG☆☆☆

Vierter Stipendiatenbericht – Daniel Gottstein

In Japan ist mittlerweile die Färbung des Laubes voll angekommen, wodurch zuvor schon schöne Orte zu postkartenreifen Motiven geworden sind.

Abgesehen von dieser Veränderung sind mir erneut einige Unterschiede im Stadtbild im Vergleich zu Deutschland aufgefallen. Zunächst gibt es viele Treppenhäuser, die an den Außenseiten der Gebäude verlaufen, was aufgrund der symmetrischen Konstruktionen durchaus zur Ästhetik beiträgt. Mögliche Erklärungen für diese Bauweise sind für mich Brandschutzauflagen oder Platzmangel. Zudem kann man im typischen Stadtbild kleine Spalten zwischen den Häusern entdecken – auch hier könnte es sich um eine Brandschutzmaßnahme handeln.

Ziemlich spannend fand ich außerdem, dass in älteren, schmaleren Straßen manche Häuser direkt bis an die Straße gebaut sind, während andere etwas nach hinten versetzt stehen. Meine Recherche ergab, dass diese Straßen zukünftig auf eine genormte Breite von etwa vier Metern erweitert werden sollen. Da die älteren Häuser dafür jedoch nicht abgerissen werden, gilt diese Auflage nur für neu zu bauende Gebäude. Anhand der Position eines Hauses lässt sich daher gut erkennen, ob es sich um ein älteres oder ein neueres handelt.

Auch in die Gesellschaft habe ich weitere interessante Einblicke erhalten. Beim Ausgehen – sowohl in Restaurants als auch in Izakayas und Bars – gibt es die unausgesprochene Regel, dass ältere Personen jüngere einladen. Davon konnte ich in jüngster Vergangenheit des Öfteren profitieren, wofür ich sehr dankbar bin. Besonders deutlich zeigte sich dieses Prinzip in einer Bar in Onomichi: Dort wurde ich von Japanern, die ich zuvor kennengelernt hatte, nach meinem Alter gefragt. Daraufhin meinte der Ältere, er habe Geld und wolle mich sowie seine jüngere Begleitung zum Essen einladen – für mich eine Situation, die über dieses Prinzip hinaus erneut das Omotenashi, die japanische Gastfreundschaft, verdeutlichte.

Die Gesellschaft in Japan ist sehr zielstrebig und kompetitiv. Bereits für die Grundschule können sich Kinder über einen Test qualifizieren: Für die höher angesehenen Schulen ist ein entsprechend gutes Ergebnis erforderlich. Um dies zu erreichen, beginnt die Vorbereitung teilweise bereits im Alter von vier Jahren. Auch im weiteren Schulverlauf setzt sich dieses Prinzip fort. Schüler:innen an besonders guten Schulen haben die Aussicht, eine renommierte Universität besuchen zu können. Dafür gehen sie teilweise sechs Tage pro Woche zur Schule. Für Freizeitaktivitäten bleibt neben Unterricht und Hausaufgaben nur wenig Zeit.

Sehr gut gefallen hat mir bei einer nahe gelegenen Grundschule die Beobachtung, dass zu jedem Stundenwechsel geklatscht und gesungen wird – offenbar, um die Aufmerksamkeit der Kinder zu erhöhen. Außerdem gibt es an allen Schulen verschiedene Schuluniformen, die in der Masse ein sehr schönes Bild abgeben.

Vielleicht liegt es an den Kreisen, in denen ich mich hier bewege, aber mir scheint die Kenntnis und Begeisterung für vornehmlich westliche klassische Musik weiter verbreitet zu sein, als ich es aus Deutschland kenne. Klassische Musik ist daher ein beliebtes Smalltalk-Thema – so auch beispielsweise mit den Herren aus Onomichi.

Insgesamt waren die letzten Wochen sowohl menschlich als auch landschaftlich ein absolutes Highlight. Anbei folgen einige fast kitschige Impressionen der Herbstfärbung.

Nara, Isuien Garten

Kyoto, Kiyomizu-Dera

Kyoto, Murin-An Garten

Okayama, Schuluniform