☆☆ Erster Bericht von Anna Götz, elfte Stipendiatin der Grünwald Stiftung ☆☆
„Reisen veredelt wunderbar den Geist und räumt mit all unseren Vorurteilen auf.“
(Oscar Wild)
Inspiriert davon machte ich, Anna Götz, mich auf in die weite Welt, nachdem ich im Juni letzten Jahres im Kloster Schäftlarn mein Abiturzeugnis erhalten hatte. Meine Ziele: fremde Kulturen kennenlernen, meinen Horizont erweitern und eine andere Perspektive gewinnen, bevor ich im Herbst anfangen werde Physik zu studieren.
Als Höhepunkt dieses „Gap Years“ darf ich nun für drei Monate als elfte Stipendiatin der Grünwald Stiftung nach Japan. Dabei kann ich mein Glück kaum fassen und möchte allen, die mir diese einmalige Chance ermöglichen und vor allem Herrn und Frau Okamoto von ganzem Herzen danken!
Am 20.03.2016 ging das Abenteuer Japan los. Ich landete in Osaka, Herr Okamoto holte mich vom Flughafen ab und fuhr mit mir in die idyllische und ruhige Stadt Suita, die nur wenige Minuten von Osaka entfernt liegt. Dort zeigte er mir die Umgebung und seine im Stile von Grünwalder Villen errichtetenHäuser, deren Anzahl stetig steigt und die wie ein kleines Dorf zwischen den anderen Häusern herausstechen und auf einer leichten Anhöhe quasi über Suita thronen. Ich fühlte mich sofort wie zu Hause in der sehr großzügigen und ausgezeichnet ausgestatten Wohnung im so genannten„Mädelshaus“, in der ich für die nächsten drei Monate leben darf.
Aber nicht nur die Unterkunft und ein monatliches Taschengeld stellt mir Herr Okamoto. Er und seine Frau führen mich auch in das Leben in Japan ein und stehen mir stets mit Rat und Tat zur Seite. In der ersten Woche haben sie mich im Zuge dessen mit auf eine kulinarische Reise durch die köstliche, vielseitige und raffinierte Küche Japans genommen. Die Highlights bildeten dabei zwei Abende im Hause Okamoto, an denen Frau Okamoto selbst wirklich großartig kochte, ein Mittagessen beim Rotary Club Suita und natürlich die Welcome Party in dem vorzüglichen Michelin Restaurant Syunsai Yamasaki. Bei dieser Feier speisten wir nicht nur wie Götter, sondern ich konnte auch bei sehr interessanten und amüsanten Gesprächen Nobuko Wada, Nobuko Ikawa und Junichi Matsuoka, den Architekt der Grünwald Häuser, kennenlernen.
In der zweiten Woche gab es dann zum ersten Mal wieder deutsches Essen, bei dem Treffen der Japanisch-Deutschen Gesellschaft, bei dem ich mit offenen Armen empfangen wurde.
Ich wurde aber nicht nur zum Essen ausgeführt, Herr Okamoto ging auch mit mir einkaufen und brachte mir einige leckere japanische Schnellgerichte für daheim bei. Er sorgte aber nicht nur dafür, dass ich nicht verhungere, er brachte mir auch Japan näher bei einer ausführlichen Einführung in die japanische Geschichte und Sprache und einem Ausflug nach Osaka, bei dem er mir das Zugfahren in Japan erklärte und den Stadtteil Umeda zeigte. Des Weiteren gab er mir auch Lektionen in Lebensführung und dem Weg zu Erfolg, indem er mir mehr über sich, sein Leben, seine Philosophie und Erfahrungen und die Grünwald AG und Stiftung erzählte.
Auch seine Frau opferte ihre kostbare Zeit und machte mit mir einen zauberhaften Ausflug in die wunderschöne, alte Kaiserstadt Kyoto. Dort besuchten wir ein Schreinfest, bewunderten die Kirschblüten und besichtigten den traumhaften Goldenen Tempel.
Neben diesem ganzen Programm hatte ich aber auch noch genug Zeit selbst auf Entdeckungstour zu gehen. So lernte ich Osaka mit seiner offenen und lockeren Atmosphäre, seinem Geschäfts- und Regierungszentrum um Umeda, den verrückten Bezirken um Shinsaibashi und Namba und seinem Schloss kennen.
Aber nicht nur nach Osaka zog es mich, vor allem Kyoto, das kulturelle Herz Japans, hat es mir angetan. Auf inzwischen schon sechs Tagesausflügen habe ich die Stadt mit ihren zum Teil alten Häusern, wunderschönen Tempeln und Schreinen zu lieben gelernt. Ein ganz besonderes Erlebnis war für mich dabei das Abschreiben von Sutras in einem ruhigen, etwas abgelegenen Tempel. Auch wenn ich kein Wort von dem verstand, was ich da eigentlich schrieb, konnte ich die meditative Wirkung dieser Tätigkeit erleben.
Nicht so ruhig ging es hingegen bei meinem ersten Hanami zu. Ich habe nämlich das Glück während der diesjährigen Kirschblüte in Japan zu sein und zu einem Kirschblütenfest, einem so genannten Hanami (deut.: „Blüten betrachten“), eingeladen worden zu sein. Fast jeder Japaner feiert ein Hanami mit Freunden, Familie oder auch gerne mit den Kollegen. Dabei trifft man sich in Parks und macht Picknick unter den Kirschblüten meist auf großen, blauen Plastikplanen. Jeder bringt etwas zu essen mit und es gibt reichlich Bier und Sake. Ich hatte zusätzlich noch das Glück dabei eine sehr gut Deutsch sprechende Japanerin, die inzwischen eine gute Freundin ist, kennenzulernen.
An einem so typischen japanischen Fest teilzunehmen hat mir einen sehr interessanten Einblick in die japanische Gesellschaft gewährt. Man sorgt sich hier nämlich nicht darum, dass man selbst Spaß hat, sondern darum, dass es den andern gefällt, sie sich wohl fühlen und amüsieren. Es wird den anderen – nicht einem selbst – nachgegossen oder etwas zu essen angeboten und wenn jemand keinen Gesprächspartner hat, wird er einfach in das eigene Gespräch integriert. Dadurch dass dies jeder macht, ist niemand – auch man selbst nicht – durstig, hungrig, gelangweilt oder ausgegrenzt. Dieses Verhalten gilt aber nicht nur für Feste, es lässt sich auf das ganze gesellschaftliche Leben übertragen und genau deshalb empfinden wir Europäer die Japaner als so höflich. Für mich war das Hanami also ein Erlebnis, das ich auf keinen Fall missen möchte.
Um den Rahmen nicht zu sprengen, beende ich nun aber lieber den Bericht über die Erlebnisse meiner zweiwöchigen Einlebungsphase in Japan, auch wenn ich noch unendlich viel zu erzählen hätte. Denn vom kleinen Erdbeben am 01.04. bis hin zu so alltäglichen Dingen wie dem Gang zum Supermarkt oder dem Fahren mit den öffentlichen Verkehrsmitteln ist hier alles ein Erlebnis. Da mich Japan, seine Menschen und ihre Mentalität bereits jetzt schon verzaubert haben, kann ich die nächsten Einblicke in dieses faszinierende Land kaum mehr erwarten!!!