☆☆ Zweiter Bericht von Benjamin Raithel, zwölfter Stipendiat der Grünwald Stiftung ☆☆
Ein berühmtes Zitat von Albert Einstein besagt: „Wenn man zwei Stunden lang mit einem Mädchen zusammensitzt, meint man, es wäre eine Minute. Sitzt man jedoch eine Minute auf einem heißen Ofen, meint man, es wären zwei Stunden. Das ist Relativität.“
In meinem Fall ist das hübsche Mädchen ganz klar Japan und ich erfahre am eigenen Körper wie schnell Zeit doch verfliegen kann. Vor meinem Flug nach Osaka dachte ich, dass 3 Monate mehr als genug wären um ganz Japan zu erkunden. Mittlerweile ist fast Halbzeit und ich habe nur einen Bruchteil von Osaka und Umgebung erkunden können.
Auf der einen Seite stimmt mich dies sehr traurig, da mir bewusst wird, dass die kommenden neun Wochen schneller als gewünscht vorüber ziehen werden. Zum anderen mich die Erlebnisse und Einflüsse hier in Japan schon heute zu einer völlig anderen Person werden lassen haben und ich kann gar nicht abwarten was auf meinem Abenteuer noch auf mich zukommt.
Da die Sprachbarriere weiter vorhanden ist und Japan als solo „Gaijin“ sehr schwer zu erkunden ist, stellte mir Herr Okamoto freundlicherweise Chihiro-San vor. Gemeinsam mit ihrer Familie lud sie mich auf einen wunderschönen Tag in Osaka‘s Schloss ein. Der Ausflug entpuppte sich aber nicht wie ich erwartet hatte: ein Rundgang im Schloss und Kultur pur. Weit gefehlt! Ein japanischer Fernsehsender organisierte just an diesem Tag mehrere Aktivitäten um das Schloss herum und so tummelten sich unendlich viele Einheimische im Schlosspark. Mein persönliches Highlight – nach Chihiro‘s Kind (das Süßeste in ganz Japan) – war ein Schwertkampf für Jung und Alt. Anfänglich sehr überfordert, stürzte ich mich nach einigen Runden -taktisch durchdacht- in den Kampf, um dann nur 30 Sekunden später gegen einen geschminkten 5 -Jährigen zu fallen. Chihiro-San und ihre Familie haben mich sehr herzlich aufgenommen und mir einen wunderbaren Ausflug ermöglicht für den ich mich herzlich bedanken möchte!
Am 4. Oktober nahm Herr Okamoto mich Abends mit zu einem der „Rotaract“ Treffen. Die von Rotary initiierte Gemeinschaft jüngerer, berufstätiger Menschen, trifft sich im zwei Wochen Rhythmus um durch Vorträge, gemeinsamen Unternehmungen und persönlichem Austausch untereinander Wissen und Erfahrungen auszutauschen und sich gegenseitig zu helfen. An diesem Abend handelte der Vortrag von einem Ausflug des Clubs nach Taiwan. Es wurden viele Bilder gezeigt und der ehemalige Präsident Nobukatsu, der exzellent Englisch sprach, half mir dabei zu verstehen worüber gerade genau gelacht wurde. Im Anschluss nahm mich die Gruppe zum Abendessen mit, bei dem sich alle ausgelassen unterhielten und Pläne für einen nächsten Ausflug schmiedeten. Sie luden mich ein sie zwei Wochen später beim Klettern in eine Boulderhalle zu begleiten.
Als der Tag des Boulderns kam, wurde aber leider sehr schnell klar, dass ich weit hinter meinen eigenen Erwartungen blieb und mich an der Kletterwand eher wie ein ungelenkes Nilpferd als wie ein Affe bewegte. Für mich ist dieser Club eine wunderschöne Möglichkeit um neue Kontakte und hoffentlich auch Freunde kennen zu lernen und ich bedanke mich für die herzliche Aufnahme in ihren Reihen.
Das Highlight der vergangenen Wochen war jedoch der gemeinsame Ausflug mit Herrn und Frau Okamoto in den „kalten“ Norden Japans, wo wir in der Stadt Toyama die Eltern von Frau Okamoto besuchten. Bereits auf der Autobahn war zu erkennen, dass wir mit unserem deutschen Auto klar im Vorteil waren und somit in Bestzeit unseren ersten Zwischenstopp das Hafenstädtchen Tojinbou erreichten. Bekannt ist dieser Ort für die frischesten und besten Krabben der Welt und die wollte Herr Okamoto mich unbedingt kosten lassen. In einem schönen kleinen Restaurant mit Meerblick machten wir Mittagspause. Was soll ich sagen…sowohl die delikaten Krabben, wie auch die Aussicht waren phänomenal!
Die Weiterfahrt nutzte ich gemeinsam mit Herrn Okamoto intensiv über seine Werte und Ziele die er seinen Stipendiaten mit auf den Weg geben möchte zu unterhalten. Bei diesem Gespräch wurde mir bewusst wie sehr sich diese Werte und Ziele bei mir bereits nach so kurzer Zeit verankert haben.
In Toyama erwartete mich ein völlig neues Bild von einer japanischen Stadt. Hier ging es gemächlicher zu, die Häuser waren vorwiegend im traditionellen Stil gebaut, keine Stromkabel die überall die Straßen kreuzten, weniger öffentliche Verkehrsmittel wie Züge, aber dafür mehr Autos.
Ich hatte dann die Ehre Frau Okamoto‘s Eltern kennen zu lernen und in ihrem traditionellen Haus Gast zu sein. Die nächsten Tage wurde mir Toyama und seine Umgebung ausgiebig gezeigt. Da hier aber Bilder mehr als Worte sagen, lasse ich nachfolgenden diese für mich sprechen: